In meiner zweiten Woche bei wort:laut vertiefte ich mein bisheriges Wissen über die fotografische Bildgestaltung. Mit einer Fuji APS-C-Kamera in der Hand, fingen Michael und ich die Atmosphäre auf einem Fest eines Pflegeheims in Witten ein. Die Freude der Bewohner sprang dabei direkt auf uns über. Kostenloses Eis, ein Drehorgelspieler und viele tanzende und wippende Senioren erzeugten eine ganz besondere Stimmung. Während Michael fleißig Bilder schoss, machte ich wieder Behind-the-Scenes-Aufnahmen. Dieses Mal fuhren zwar keine Radfahrer ins Bild und die Lichtverhältnisse waren auch ganz gut – es gab dennoch einige Herausforderungen.
Nicht nur an die neue Kamera musste ich mich gewöhnen, sondern auch an die vielen Menschen, die immer mal wieder ins Bild liefen. Doch zielloses Knipsen ist hier nicht. Fotografie braucht einfach ein geschultes Auge und nicht alles, was im Zentrum steht, ist ein Motiv. Das lernte ich bei der Sichtung des Bildmaterials am nächsten Tag. Aber nicht nur das.
Zu meiner eigenen Überraschung waren die meisten meiner Bilder unscharf. Das war natürlich sehr ärgerlich, denn oft hatte ich ganz gute Szenen vor der Linse, doch der Fokus verschiebte sich kurz vorm Auslösen wieder. Das passiert mir nicht noch einmal. In der ersten Woche fotografierte ich mit einer Vollformatkamera von Canon. Mit dieser kam ich sofort gut zurecht, wohl auch, weil ich bereits im Studium mit dieser Kamera gefilmt habe. Gute Fotos brauchen nun mal Zeit und Erfahrung. Nicht das zweite Bild wird etwas, sondern das Zwanzigste, wenn überhaupt. Das Motto aus der letzten Woche „Learning by Doing“ greift also auch hier wieder.
Das merkte ich auch hautnah bei Michaels eigener Arbeit. Ich durfte zum nächsten Außentermin mitfahren und sah, wie er mit einem Makro-Objektiv die zwei neuen Corona-Impfstoffe und den neuesten Grippeschutz fotografierte. Hier durfte ich ihm wortwörtlich über die Schulter schauen. Dass der Vordergrund scharf, aber der Hintergrund doch noch erkennbar sein muss, ist eine Kunst für sich, die auch Zeit braucht. Fotografie wird hier zum Synonym für Perfektion und Geduld.
Bei einer entspannten Autofahrt zurück erklärte Michael mir dann, wie Stativ, das richtige Objektiv und die dreizehn verschiedenen Gläser im Inneren der Kamera erst zu diesem objektfüllenden und ausdrucksstarken Bild führen. Das kann mir am Anfang noch gar nicht gelingen – und das ist ok :).
Neben der Fotografie füllte auch die Redaktionsarbeit meine zweite Woche. Aufgabe von Michael war dieses Mal aber keine News, sondern Recherchearbeit. Detektiv spielen für die neueste Ausgabe eines Kirchenmagazins zum Thema „Fremde“. Da vor dieses Thema jeder Artikel, den die deutsche Sprache kennt, passt, war auch hier die Themenwahl gigantisch – der Fremde, das Fremde, die Fremde. Von der nächsten Mondfahrt, zum Gendern, bis hin zur veganen Ernährung ging mein erstes Brainstorming. Recherchieren ist hier aber nicht vorbei. Im Gegenteil: Der Lesestoff muss mit Fakten gefüttert werden – dies beschäftigte mich für den Rest meiner zweiten Woche. Auf zur Nächsten!